Unter die Räder gekommen
Eine recht persönliche Buch-Empfehlung
Gerhard war erst auf den zweiten Blick etwas weiß um’s Naserl. Auf den ersten Blick war da ein gut gelaunter, auffallend braun gebrannter Biker am regennassen Parkplatz am bayrischen Tegernsee und hieß uns Transalp-Teilnehmer mit breitem Grinsen willkommen.
Dass dieser Gerhard vor knapp 48 Stunden samt Magen-Darm-Virus aus dem pakistanischen Karakorum auf Augenhöhe mit zahlreichen 8000ern nach Vorarlberg und nun hier an unseren Transalp-Ausgangspunkt gekommen ist, erfahren wir „Flachländler“, die er auf den nächsten sieben Tagen über die putzigen 2000 Meter hohen Alpengipfel begleiten darf, erst später.
Neben dem erkennbar kräftezehrenden Magen-Darm-Virus hat Gerhard aber noch ganz andere Geschichten im Gepäck. Sind die Anstiege nicht allzu steil, entlockt man ihm die eine oder andere Anekdote. Von sich aus erzählt er wenig – stapelt ganz schön tief, was seine Bike-Abenteuer auf der ganzen Welt angeht. An einem gemütlich-verregneten Hüttenabend sitzen wir wie Pfadfinder um den Esstisch und lauschen seinen Schilderungen von der Höhe, früheren Akklimatisierungsübungen, vom Geheimdienstchef, der als Uber-Fahrer jobbt, von bekannten Namen, die er zu seinen Freunden und Abenteuerbegleitern zählt …
Wie gut für alle Freunde von Bergen, Bikes und Begegnungen, dass Gerhard Czerner seine Erlebnisse vom K2 in seinem Buch „Unter die Räder gekommen“ in Form gegossen hat und Fäden zu vergangenen Abenteuern webt.
Auf über 200 Seiten nimmt er die Leserschaft mit auf sein Bike-Abenteuer – oder sollte man eher sagen „Hike“ Abenteuer ? – nach Pakistan. Dass er und sein Begleiter Jakob Breitwieser dabei weniger Rad fahren als Rad tragen, bleibt nicht lange ein Geheimnis. Mit auf pakistanischem "mountain adventure" ist einmal mehr Martin Bissig, dessen imposanten Bilder in der Buchmitte den Hauch einer Ahnung der dortigen Dimensionen vermitteln.
Wie auch in Gerhards ersten Buch „Mountainbike Träume“ erzählt er gleichermaßen entspannt wie lebendig und mit einer ordentlichen Portion Selbstironie von den ersten Träumen dieser Reise, von Vorbereitungen, Umwegen, Zufällen und Glück. Ein Gesamtbild seiner Motive, seiner Person und Lebenseinstellung nimmt immer mehr Farbe an. Die große Dankbarkeit und der Respekt seinen Begleitern und der Natur gegenüber sind es, die selbst die größten Siege nie als Prahlerei, sondern als demütiges Erlebnis glaubhaft spürbar machen.
Als Freund(in) der Natur freut man sich mit ihnen, wenn sie Wetterglück haben, wenn sie die richtigen Gepäckstücke im Rucksack und die unnötigen zuhause gelassen haben. Man leidet mit Gerhard und Jakob, wenn sie zum x-ten Mal das Bike schultern oder im tauenden Schnee Kopf voran absteigen. Und man lacht mit ihnen, wenn sie die vom Camp-Koch vorbereiteten Jausenboxen mit Mickeymouse-Sticker öffnen, um die immer selbe Kartoffel zu entdecken. Mehr vermag ein Buch kaum zu leisten!
Lesen ist ja bekanntlich Fernsehen im Kopf …
Wer dennoch bewegte Bilder bevorzugt .... hier gibt's 9 Minuten Abenteuer auf youtube
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